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Die
vorliegende Erfindung betrifft ein kardiovaskuläres Implantat, ein Verfahren
zu seiner Herstellung, eine Vorrichtung zu seiner Herstellung und seine
Bereitstellung für
die Chirurgie.
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In
der Chirurgie werden Implantate zur Unterstützung, zum völligen oder
teilweisen Ersatz erkrankter oder traumatisierter Körperorgane
eingesetzt. Solche Implantate oder Prothesen können unter Verwendung von Metallen,
synthetischen Kunststoffen, Biopolymeren oder biologischem Material von
Tier oder Mensch ausgebildet sein.
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Probleme
ergeben sich bei Implantaten dadurch, dass der Körper des Empfängerpatienten
das Implantat als Fremdkörper
erkennt und Abwehrmechanismen aktiviert, die bis zur Funktionsunfähigkeit und
Abstoßung
des Implantats führen
können.
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Implantate
aus Metall, Kunststoff oder Verbundmaterial sind mechanisch beständig, jedoch
fördern
ihre Oberflächen
die Bildung von Blutgerinnseln, so dass die Patienten auf Dauer
blutverdünnende
Medikamente einnehmen müssen,
die wiederum zu Blutungskomplikationen führen können.
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Aus
biologischem Material, beispielsweise von Schweinen, Rindern oder
von menschlichen Spendern gewonnene Implantate zeigen keine thromboembolischen
Komplikationen. Jedoch können
bei Implantation von nicht vom Patienten selbst stammendem biologischem
Gewebe immunologische Reaktionen auftreten, die dazu führen, dass
das Implantat innerhalb von 10 bis 20 Jahren nach dem Einsetzen
degeneriert und eine erneute Operation des nun ebenfalls betagteren
Patienten erforderlich ist.
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Ansätze durch
Zellbesiedlung von resorbierbaren Stützstrukturen einen Ersatz für Blutgefäße oder
Herzklappen zu erzeugen, scheitern aufgrund der unzureichenden Festigkeit
des neugebildeten Gewebes.
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Von
besonderer Bedeutung ist eine zuverlässige, langanhaltende Funktionsfähigkeit
ohne Risiko weiterer gesundheitlicher Beeinträchtigungen bei Implantaten
im Bereich des Herz-Kreislaufsystems, wie beispielsweise Gefäßprothesen
oder Herzklappen.
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Es
stellt sich daher die Aufgabe, ein Implantat zur Verfügung zu
stellen, das die Probleme und Nachteile von Implantaten aus dem
Stand der Technik überwindet,
im Patienten implantiert dauerhaft und zuverlässig funktionsfähig ist
sowie ein fach und kostengünstig
nach medizintechnischen Verfahrensweisen herzustellen ist.
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Diese
Aufgabe wird gelöst
durch ein kardiovaskuläres
Implantat zur Verwendung in der Chirurgie, insbesondere Herzklappe
mit Segeln, gebildet im Wesentlichen aus bioverträglichem
synthetischem Polymermaterial in Form einer dreidimensionalen Struktur,
dadurch gekennzeichnet, dass das Polymermaterial unter physiologischen
Bedingungen im Wesentlichen nicht resorbierbar ist, das Implantat mindestens
an einem Teil seiner Oberfläche
als mikroporöses
Vlies aus Mikrofasern des Polymermaterials ausgebildet ist, die
eine Besiedelung mit Zellen ermöglichen.
Hierdurch wird eine dauerhafte Unterstützung des Gewebes erreicht,
die u. a. im Hochdruckbereich (arteriellen Bereich) erforderlich
ist.
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Das
erfindungsgemäße Polymermaterial zeichnet
sich mit Vorteil dadurch aus, dass die poröse Struktur das Implantats
einen Stoffwechselaustausch und insbesondere die Haftung von Zellen
begünstigen
kann. Die Porengröße der Mikroporen kann
bevorzugt im Bereich von 0,1 bis 20 μm, insbesondere 1 bis 8 μm liegen.
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Mit
Vorteil kann das Polymermaterial mindestens teilweise ein solches
auf Basis von Polyurethan (PUR) sein. Insbesondere kann das Polyurethan
ein lineares Polyurethan sein. Bevorzugt kann das Polyurethan als
Kettenverlängerer
Siliconpolyurethane enthalten. Als Beispiele für erfindungsgemäß zu verwendende
Polyurethane sind segmentierte aromatische und aliphatische Polyurethane
zu nennen, die Hartsegmente ausgewählt aus Methylen-bis-4-cyclohexylisocyanat
und 4,4'-Methylenbisphenyldiisocyanat,
Weichsegmente ausgewählt
aus Polytetramethylenetherglycol, Polycarbonat, Polytetramethylenoxid/Polydimethylsiloxan
und Polycarbonat/Polydimethylsiloxan sowie Kettenverlängerer ausgewählt aus
Ethylendiol und 1,4-Butandiol umfassen. Die Molekulargewichte können 50
kD bis 300 kD liegen. Scherviskositäten für beispielhafte Polymere gemäß der Erfindung
können
im Bereich von 66 mPas bei einer Lösungskonzentration von 5 %
bis zu 1294 mPas bei einer Lösungskonzentration
von 10 % betragen.
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In
einer anderen Ausführungsform
der Erfindung kann das Polymermaterial mindestens teilweise auf
Basis von Polyethylenterephthalat (PET) sein. Als weitere erfindungsgemäß einsetzbare
Polymere sind Polyurethan (PUR), thermoplastisches Polyurethan (TPU),
thermoplastisches Elastomer (TPE) und Polyetherblockamid (PEBA)
zu nennen. Mit besonderem Vorteil kann sich das Polymermaterial
der erfindungsgemäßen Herzklappe
durch seine hohe Elastizität
auszeichnen. Ebenso kann sich das Polymermaterial der erfindungsgemäßen Herzklappe durch
seine hohe Flexiblität
auszeichnen.
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In
einer besonderen Ausführungsform
der Erfindung kann das Polymermaterial teilweise unter physiologischen
Bedingungen resorbierbar sein.
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Mit
Vorteil kann die Struktur, insbesondere im Bereich der Herzklappensegel,
aus Polymerfasermaterial als textiles Nonwoven, insbesondere als Sprühvlies ausgebildet
sein. In einer anderen Ausführungsform
kann das Polymerfasermaterial als Nonwoven nach einem elektrostatischen
Vliesherstellungsverfahren gebildet sein. In noch einer anderen
Ausführungsform
kann das Polymerfasermaterial als Nonwoven nach einer Melt-Blow-Technik
hergestellt sein. Als alternative Ausführungsform kann das Polymerfasermaterial
unter Anwendung einer Kombination der zuvor genannten Vliesherstellungstechniken
zu einem Nonwoven ausgebildet sein.
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Bevorzugt
kann die Vliesstruktur Oberflächenrauhigkeit
aufweisen.
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Im
erfindungsgemäßen Implantat
kann das textile Material eine Dicke von 10 bis 500 μm, insbesondere
30 bis 70 μm
aufweisen. Bevorzugt können die
Mikrofasern eine Dicke von 0,1 bis 10 μm aufweisen. Außerdem können die
Mikrofasern eine Länge von
5 bis 25 mm aufweisen. Erfindungsgemäß bevorzugt kann das Vlies
eine Porengröße im Bereich
der Faserdicke aufweisen. Mit Vorteil können die Mikrofasern zwischen
Verbindungsstellen eine Länge
von 0,1 bis 10 μm
aufweisen. Bevorzugt kann eine gegenseitige Verbindung der Mikrofasern
eine Verklebung, insbesondere eine Verschweißung sein.
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In
Weiterbildung der Erfindung kann ein Implantat zur Verfügung gestellt
sein in Form einer Herzklappenprothese umfassend einen rohrförmigen Abschnitt
als Stumpf eines Herzblutgefäßes, insbesondere
Aortenstumpf, der zum Annähen
an ein Endstück
eines natürlichen
Blutgefäßes ausgebildet
ist, wobei an den Stumpf drei, eine Herzklappe bildende Segel angeordnet
sind, die beweglich sind und miteinander ventilartig zusammenwirken,
um bei Blutdurchfluss zu öffnen und
zu schließen.
Auf diese Weise kann eine vollständige
Herzklappenprothese mit Klappensegeln, Bulbi und Sinus zur Verfügung gestellt
werden.
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Mit
Vorteil sind die Herzklappensegel einer natürlichen Herzklappe nachgebildet.
Bevorzugt können
die Herzklappensegel eine zur Mitte der Herzklappe hin abnehmende
Dicke aufweisen. Die Konstruktion der Segel und des das Blutgefäß bildenden Abschnitts
sind bevorzugt so ausgewählt,
dass eine Vaskularisierung begünstigt
wird. Mindestens die Segel bestehen vorzugsweise vollständig aus
Vliesmaterial.
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Bei
einer solchen Herzklappenprothese können die Herzklappensegel aus
flächigem
Vlies gebildet sein. Insbesondere können die Herzklappensegel gewölbt ausgebildet
sein. Mit Vorteil können
die Herzklappensegel thermisch und/oder bei der Herstellung geformt
sein. Die Herzklappensegel im erfindungsgemäßen Implantat können eine
Dicke von 10 bis 500 μm
aufweisen. Insbesondere kann das Implantat im Bereich des Gefäßabschnitts
eine Wanddicke von 1 bis 3 mm aufweisen.
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In
einer Ausführungsform
der Erfindung können
die Herzklappensegel separat hergestellt und am rohrförmigen Abschnitt
der Prothese befestigt, insbesondere eingeklebt sein. Die Segel
können
mit Flüssigkleber,
insbesondere Polyurethankleber eingeklebt sein. Bevorzugt können die
Segel mit Polymer aus der Vliesherstellung eingeklebt sein. In einer anderen
Ausführungsform
der Erfindung können
die Herzklappensegel separat hergestellt und am rohrförmigen Abschnitt
der Prothese befestigt, insbesondere angeschmolzen sein. Eine solche
durch Schmelzen des Polymermaterials ausgebildete Befestigung kann
durch Ultraschallschweißen
erreicht werden.
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In
einer anderen Ausführungsform
der Erfindung kann das Implantat, insbesondere die Herzklappenprothese,
speziell der rohrförmige
Abschnitt mit den Segeln einstückig
ausgebildet sein.
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Gemäß der Erfindung
kann das Implantat, insbesondere die Herzklappenprothese direkt
in dreidimensionaler Form hergestellt werden. Hierzu sind beispielsweise
elektrostatische Verfahrensweisen, Umformen von Vorformen und Tempern
zu nennen. In einer Ausführungsform
kann das Implantat mindestens teilweise unter Verwendung einer Sprühtechnik
hergestellt sein. In einer anderen Ausführungsform kann das Implantat
mindestens teilweise nach einer bekannten elektrostatischen Spinntechnik hergestellt
sein. Das Implantat kann unter Verwendung einer Kombination von
Verfahrenstechniken zum Sprühen
und Spinnen von Mikrofasern hergestellt sein. In Weiterbildung kann
die erfindungsgemäße Herzklappenprothese
mit einem Nahtring versehen sein.
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In
einer vorteilhaften Ausführungsform
der Erfindung können
verschiedene Teile des Implantats, insbesondere die Herzklappensegel
und der rohrförmige
Abschnitt, in unterschiedlichen textilen Konstruktionen und/oder
aus unterschiedlichen Materialien ausgebildet sein. Bevorzugt können die
Herzklappensegel als textile vliesartige Membran ausgebildet sein.
In einer Ausführungsform
kann der rohrförmige
Blutgefäßabschnitt
als textiles Gewirk ausgebildet sein. In einer anderen Ausführungsform
kann der rohrförmige
Blutgefäßabschnitt
als textiles Gewebe ausgebildet sein. Bevorzugt ist, die gesamte Oberfläche des
Implantats als Vlies auszubilden, insbesondere das gesamte Implantat
selbst.
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In
einer vorteilhaften Ausführungsform
können
die Herzklappensegel und der rohrförmige Abschnitt in unterschiedlichen
Porengrößen ausgebildet sein.
Die unterschiedlichen Porengrößen können bei der
Zellbesiedelung von Vorteil sein. Im Falle der Herzklappensegel
ist die Oberflächenbesiedelung
zu begünstigen.
Im Falle des Blutgefäßabschnitts
ist das Eindringen von Zellen zu begünstigen.
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In
einer alternativen Ausführungsform
können
die Herzklappensegel und der rohrförmige Abschnitt aus unterschiedlichen
Materialien hergestellt sein. Die Materialien können sich vorteilhaft in ihren physikalischen
und/oder mechanischen Eigenschaften unterscheiden, wie beispielsweise
in der Flexibilität
und Elastizität.
Auf diese Weise können
die Forderungen an eine optimale Funktion der Herzklappenprothese
unter physiologischen Bedingungen im Patientenkörper erfüllt werden.
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In
einer alternativen Ausführungsform
können
die Herzklappensegel an eine gewebte oder gewirkte oder durch Melt-Blow-Technik
hergestellte Gefäßprothese,
z. B. aus PET oder PVDF (Polyvinylidenfluorid), angearbeitet sein.
Insbesondere kann eine Gefäßprothese
nach dem Stand der Technik als rohrförmiger Abschnitt verwendet
werden.
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Mit
Vorteil kann das Implantat, insbesondere, der rohrförmige Abschnitt
der Herzklappenprothese mit einer Verstärkung, insbesondere in Form
einer textilen Konstruktion versehen sein. Bevorzugt kann die Verstärkung in
Form eines Geflechts ausgebildet sein. In einer anderen Ausführungsform
kann die Verstärkung
als Fasergelege radial und um den Umfang der Segel ausgebildet sein.
Mit Vorteil kann die Verstärkung
aus monofilen, in der Hauptverformungsrichtung angeordneten Fäden ausgebildet
sein. Ferner kann die Verstärkung
auf Basis von Polyethylenterephthalat (PET) ausgebildet sein.
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Mit
besonderem Vorteil ist das erfindungsgemäße Implantat zur Besiedelung
mit lebenden Zellen, insbesondere humanen Zellen geeignet. Eine solche
Zellbesiedlung kann einschichtig oder mehrschichtig ausgebildet
sein. Auf diese Weise kann es als flexibles Gerüst zur Herstellung eines mit
Zellen besiedelten, biohybriden Implantats dienen. Die vliesartige
Oberflächengestaltung
und die Materialwahl zur Ausbildung eines kardiovaskulären Implantats
ermöglichen
ein leichtes Anhaften von Zellen auf den Oberflächen des Implantats. Es kann
sich eine gut anhaftende Zellschicht ausbilden. Gegebenenfalls und
bevorzugt können
mehrere Zellschichten übereinandergelagert
sein, insbesondere können sich
die Zellschichten durch unterschiedliche Zellarten voneinander unterscheiden.
Ein Einwachsen von Zellen in das Implantat kann durch entsprechende Wahl
der mikroporösen
Struktur begünstigt
oder beeinträchtigt
sein. Durch Bereitstellen eines Gerüstes bzw. Rohlings für eine Herzklappenprothese
ist es möglich,
auf einfache Weise vor Ort ein biohybrides Implantat besiedelt mit
Zellen des betroffenen Patienten selbst herzustellen.
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In
einer besonderen Ausführungsform
der Erfindung kann das Implantat als biohybrides kardiovaskuläres Implantat
ausgebildet sein. Das erfindungsgemäße Implantat kann sich dadurch
auszeichnen, dass es mindestens teilweise, insbesondere mehrschichtig,
mit humanen Zellen besiedelt ist. Angesiedelte Zellen können auf
dem Vlies verankert sein. Insbesondere können die angesiedelten Zellen als
flächiger
Zellrasen ausgebildet sein. Bevorzugt können die Zellen geschichtet
sein. In einer bevorzugten Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Implantats
können
angesiedelte Zellen die dem Blut zugewandte Oberfläche als
flächiger
Zellrasen überziehen.
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Vorteilhaft
können
die angesiedelten Zellen aus der Gruppe der Fibroblasten, glatten
Muskelzellen und Endothelzellen ausgewählt sein. In Weiterbildung
können
angesiedelte Zellen auch aus der Gruppe der differenzierten Stammzellen
und klonierten Zellen ausgewählt
sein. Erfindungsgemäß bevorzugt können Zellen
des Implantats, die mit dem Blutstrom des Patienten in Kontakt kommen,
Endothelzellen sein. Insbesondere können die Endothelzellen auf
einer Fibroblasten und/oder glatte Muskelzellen enthaltenden Zellschicht
angesiedelt sein. Ein intaktes Endothel beeinflusst das Blutgerinnungsverhalten,
so dass sogar bereits aktivierte Gerinnungsparameter wieder deaktiviert
werden. Die im erfindungsgemäßen Implantat
unter den Endothelzellen liegende Zellschicht kann als Haftschicht
wirken. Die Haftung des Endothels auf dem Untergrund ist von entscheidender
Bedeutung für
seine Funktionsfähigkeit.
Bei unzureichender Haftung besteht die Gefahr, dass die Zellen mit
dem Blutstrom abgeschwemmt werden und so eine körperfremde Implantatoberfläche freigelegt
wird. Mit Vorteil kann der angesiedelte Zellrasen eine hohe Scherfestigkeit
aufweisen, das heißt,
der angesiedelte Zellrasen kann unter den physiologisch auftretenden
Scherkräften
stabil bleiben.
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Das
Implantat gemäß der Erfindung
kann sich dadurch auszeichnen, dass der angesiedelte Zellrasen im
Blut befindliche Gerinnungsparameter deaktiviert. Möglicherweise
als Reaktion auf die Implantierung gebildete Gerinnungsstoffe können so
in ihrer Wirkung gehemmt werden. Für den Patienten sind damit
die mit einer Blutgerinnung, Blutverdickung und Thrombusbildung
einhergehenden Risiken nach einem kardiovaskulären Eingriff wesentlich verringert.
Die Einnahme von gerinnungshemmenden und blutverdünnenden
Medikamenten kann auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben oder es kann ganz
darauf verzichtet werden.
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Bevorzugt
können
die angesiedelten Zellen aus vom Implantatempfänger stammenden Zellen kultiviert
sein. Auf diese Weise können
Fremdkörperreaktionen
beim behandelten Patienten minimiert werden. Das aus einer Vorform
aus synthetischem Polymermaterial gebildete Implantat ist unter
einer Zellbesiedelung mit körpereigenen
Zellen des Patienten verborgen, so dass die Immunabwehr des Körpers am
Implantat "eigenes" und kein "fremdes" Material erkennt
und Abwehrreaktionen unterlässt.
Für den
Patienten ist auf diese Weise der Vorteil einer langanhaltenden
Funktionsfähigkeit
des Implantats gegeben. Gleichzeitig kann die Verabreichung von Medikamenten
zur Unterdrückung
von Fremdkörper- und
Abwehrreaktionen auf ein Mindestmaß beschränkt oder ganz darauf verzichtet
werden.
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Die
vorliegende Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zur Herstellung
eines biohybriden Implantats, gebildet im Wesentlichen aus bioverträglichem synthetischem
Polymermaterial in Form einer dreidimensionalen Struktur, dadurch
gekennzeichnet, dass eine Vorform des Implantats aus synthetischem
Polymermaterial mit humanen Zellen besiedelt wird, wobei zunächst Fibroblasten
und/oder glatte Muskelzellen, angesiedelt werden, dann vorzugsweise
nach einer Ruhephase zur Verankerung der ersten Zellschicht, in
einer Oberflächen-Zellschicht
Endothelzellen angesiedelt werden.
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Bevorzugt
können
Endothelzellen, Fibroblasten und glatte Muskelzellen aus explantierten Stücken der
Vena saphena magna des zu behandelnden Patienten gewonnen und in
spezifischen Zellmedien unter Zusatz von humanem Serum des Patienten
kultiviert werden. Die Verfahrensweise der Zellgewinnung und Zellkultivierung
ist den Fachleuten bekannt, so dass hier auf eine Beschreibung verzichtet
wird.
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Gemäß der Erfindung
kann ein kardiovaskuläres
Implantat sowohl auf der Innenseite wie auf der Außenseite
stabil mit humanen Zellen besiedelt werden. Insbesondere kann die
Innenseite vollständig mit
Endothelzellen ausgekleidet werden. Ferner kann die Außenseite
des Implantats, insbesondere der Herzklappenprothesen, mit glatten
Muskelzellen und Fibroblasten besiedelt werden. Durch die Zellschicht wird
die Wand des Implantats im mechanisch besonders belasteten Bereich
zusätzlich
gefestigt und vor Entzündungsreaktionen
des Patientenkörpers
geschützt.
Bevorzugt tragen die Segel nur eine dünne Fibroblastenschicht mit
einer konfluenten Endothelzellenschicht darauf.
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In
Versuchen mit dem erfindungsgemäßen Implantat
wurde gefunden, dass eine Vorbesiedelung mit Fibroblasten oder einer
Mischkultur aus Fibroblasten und glatten Muskelzellen selbst bei
einem kleinen Endothelzellverlust die Blutgerinnung weit weniger
aktiviert, als dies bei freiliegender körperfremder Oberfläche der
Fall ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass
kleinere Defekte in der Endothelzellschicht auf einem derartig physiologischen
Untergrund ausgeglichen, sozusagen repariert werden.
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Die
Zellen können
bei Bedarf aus Vorläufer- oder
Stammzellen gewonnen werden.
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Mit
Vorteil kann die Herzklappe während und/oder
nach ihrer Herstellung mit rohr- bzw. schlauchartigen Verbindungsstücken verbunden werden,
die zum Verbinden mit dem Herzen und dem Aortenbogen dienen.
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Die
Erfindung stellt auch eine Vorrichtung zur Herstellung eines biohybriden
Implantats, insbesondere zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
zur Verfügung,
die gekennzeichnet ist durch einen zur Zellbesiedelung einer Vorform
eines chirurgischen Implantats aus synthetischem Polymermaterial
eingerichteten Inkubator zur Aufnahme des Zellmediums, insbesondere
einer Zellsuspension, der um mindestens eine Achse, vorzugsweise
um mehrere Achsen drehbar ist, und ein darin aufnehmbares Gestell
zur Aufnahme und Fixierung des mit Zellen zu beschichtenden Implantats
aufweist.
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Um
die Zellen homogen auf dem entsprechenden Implantat ansiedeln zu
können,
handelt es sich bei der Vorrichtung um ein rundes Gefäß, das um
seine eigene Achse rotiert werden kann. Das zu beschichtende Implantat
wird in einem als Haltegestell ausgebildeten Inlay fixiert. In einer
Ausführungsform
kann der Inkubator beispielsweise 50 bis 200 ml Zellmedium aufnehmen
und 5 bis 20 ml Zellsuspension mit 106 bis
108 Zellen. Mit Hilfe einer Rotationsmaschine
kann der Inkubator während
mehrerer Stunden gedreht werden. Die Rotationsgeschwindigkeiten
können
zwischen weniger als einer und 30 Umdrehungen pro Minute liegen,
bevorzugt sind 1 bis 10 Umdrehungen pro Minute. Mit Vorteil können sich Rotationsphasen
mit Standphasen von etwa 10 bis 60 Minuten, insbesondere 15 bis
45 Minuten Dauer abwechseln. Die Standphasen ermöglichen ein Absetzen der Zellen
auf dem Untergrund, der Implantatoberfläche, gemäß der Schwerkraft. Während der Rotationsphasen
werden Zellen, die noch nicht adhärent sind, wieder in Suspension
gebracht und im Inkubator verteilt. Die Rotationsgeschwindigkeit
wird so gewählt,
dass nach jeder Rotation ein anderer Teil der Implantatoberfläche nach
oben ausgerichtet und somit für
die Zellbesiedelung exponiert wird. Dies wird dadurch erreicht,
dass die jeweils letzte Umdrehung eines Rotationszyklus nicht vollständig durchgeführt wird,
sondern nur 351 bis 359° beträgt.
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In
einer anderen Ausführungsform
der erfindungsgemäßen Vorrichtung
kann sich der Inkubator zusätzlich
im Uhrzeigersinn drehen. Hierdurch bewegt sich das Inlay bei jeder
180°-Drehung,
so dass es bei jeder 360°-Rotation
zu einem kleinen Fluss des Mediums mit Zellsuspension durch das
zu besiedelnde dreidimensionale Implantat kommt.
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Umdrehungen
und Standzeiten können
je nach Zellart, Zelldichte und gewünschter Zellschichtdicke gewählt werden,
um auf diese Weise eine gewünschte
Verteilung der Zellen auf dem Substrat zu erreichen.
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Zur Überprüfung der
Beständigkeit
der Zellschichten gegen Scherkräfte
wird ein In-Vitro-Test in einer Perfusionskammer durchgeführt, wobei
verschiedene Zustände,
wie sie im Körper
eines Patienten vorkommen, standardisiert getestet werden können. Die
zu prüfende
Herzklappenprothese wird mit zwei Gefäßprothesen verlängert in
der Perfusionskammer fixiert, so dass sie sich frei im Prüfmedium, Zellmedium
oder blutgruppenkompatiblem Blut, befindet. Durch eine pulsatile
Pumpe wird das Perfusat in physiologischer Richtung durch die Prothese
befördert,
wobei eine Frequenz zwischen 60 und 120 Pulsschlägen pro Minute eingestellt
werden kann. Durch eine zweite Pumpe wird proximal von der Klappe
kontinuierlich mit gerigner Fördermenge
von etwa 100 ml/min Volumen abgesaugt, wodurch Klappenschluss verursacht
wird. Die Bewegungen der Klappensegel bedeuten eine besondere Belastung
für die Zellbeschichtung.
Die Klappen werden auf Druckwerte zwischen 100 und 200 systolisch
sowie 30 bis 80 diastolisch getestet. Über eine vor die Klappe eingeführte Kamera
kann während
des Versuchs das Spiel der Klappensegel dokumentiert werden.
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Die
vorliegende Erfindung umfasst auch die Bereitstellung eines chirurgischen
Implantats zur Verwendung als Gefäßprothese in der kardiovaskulären Chirurgie.
Mit besonderem Vorteil können schmallumige
Bypass-Gefäße mit Durchmessern
im Bereich von bis zu 5 Millimetern aus dem erfindungsgemäßen Implantat
eingesetzt werden. Bei bekannten Prothesen für den aorto-koronaren Bypass
mit kleinem Gefäßdurchmesser
wirkt die fremde Oberfläche
thrombogen, was zu frühzeitiger
Aktivierung der Gerinnungskaskade und zu thrombotischem Verschluss
des Gefäßes führt. Die
erfindungsgemäß mittels
Patientenzellen ausgebildete innere Endotheloberfläche kann
eine Thrombenbildung und somit Verschluss der implantierten Gefäße verhindern.
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Für eine weitere
Verwendung kann das Implantat gemäß der Erfindung als Herzklappenprothese in
der Herzchirurgie bereitgestellt werden. Mit besonderem Vorteil
kann die erfindungsgemäße Herzklappenprothese
als Implantat im Hochdruckkreislauf der linken Herzhälfte verwendet
werden. Die Implantation von außen
und innen mit autologen Zellen besiedelten Herzklappenprothesen
ist für
den Patienten mehrfach von Vorteil. Da die innere Oberfläche, die mit
dem Blutstrom in Kontakt tritt, aus patienteneigenen Endothelzellen
besteht und somit die Bildung von Blutgerinnseln verhindert, ist
eine gerinnungshemmende Medikation überflüssig. Zusätzlich sind keine immunologischen
Reaktionen, wie Abstoßung zu
erwarten, da nur patienteneigene Zellen mit dem Immunsystem des
Patienten in Kontakt kommen.
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Weitere
Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden
Beschreibung von bevorzugten Ausführungsformen in Form von Beispielen.
Dabei können
die einzelnen Merkmale jeweils für
sich alleine oder zu mehreren in Kombination miteinander verwirklicht
sein. Die Beispiele dienen lediglich der Erläuterung der vorliegenden Erfindung,
die in keiner Weise darauf beschränkt sein soll.
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Beispiele
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Beispiel 1
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Verwendung der Besiedelungsvorrichtung
zur Zellbesiedelung eines Implantats
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Der
Inkubator mit dem darin fixierten zu beschichtenden Implantat wird
mit 100 ml Zellmedium und 10 ml Zellsuspension, sie enthält 106 bis 108 Zellen,
beschickt und für
12 bis 24 Stunden in eine Rotationsmaschine eingespannt. In dieser
Maschine wechseln sich während
des Beschichtungsvorganges Standphasen, von 15 bis 45 Minuten, mit
Rotationsphasen, von 1 bis 10 Minuten ab. Die Rotationsgeschwindigkeiten
liegen zwischen 1 und 10 Umdrehungen pro Minute. Die Dauer der Standphasen,
Bewegungsphasen und die Rotationsgeschwindigkeiten können in
Abhängigkeit
von der verwendeten Zellart, der Zelldichte und der gewünschten
Zellschichtdicke variiert werden. Die Standphasen ermöglichen
ein Absetzen der Zellen auf dem Substrat und geschieht entsprechend
der Schwerkraft. Während
der Rotationsphasen werden noch nicht adhärente Zellen wieder in Suspension
gebracht und im Inkubator verteilt. Die Rotationsgeschwindigkeit
kann so eingestellt werden, dass nach jeder Umdrehung ein anderer
Teil der Implantatoberfläche
nach oben ausgerichtet ist und somit für die Zellbesiedelung exponiert
wird. Dies wird dadurch ermöglicht,
dass die jeweils letzte Umdrehung eines Rotationszyklus nicht vollständig durchgeführt wird,
sondern nur 331 bis 359° beträgt.
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Beispiel 2
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Verwendung der Besiedelungsvorrichtung
zur Zellbesiedelung von Herzklappensegeln
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Bei
einer Herzklappenprothese sind die Klappensegel deutlich dünner als
die entsprechende Aortenwand, so dass auch eine aufgesiedelte Zellschicht
auf den Klappensegeln dünner
sein muss. Auch sollen die Klappensegel beidseitig zellbesiedelt sein.
Der wie im vorigen Beispiel 1 ausgelegte Inkubator trägt die Vorform
der zu besiedelnden Herzklappenprothese im Inlay fixiert. Das Füllvolumen
beträgt
100 ml, einschließlich
10 ml Zellsuspension mit darin enthaltenen 106 bis
107 Zellen. Die Inkubationszeit beträgt 12 bis
24 Stunden, die Rotationsphasen 1 bis 10 Minuten, die Ruhephasen
15 bis 45 Minuten. Zusätzlich
wird während
der Inkubation die Vorrichtung im Uhrzeigersinn gedreht, wodurch
sich das Inlay bei jeder Drehung um 180° bewegt und es bei jeder Drehung
um 360° zu
einem kleinen Strom durch die Klappensegel mit entsprechenden Bewegungen derselben
kommt. Durch diese Bewegung wird erreicht, dass es zu einem Austausch
der Zellsuspension oberhalb und unterhalb der Segel kommt, wodurch
die Zellbesiedelung homogener wird. Wie im Beispiel 1 enden auch
hier die Rotationen des Inkubators immer in einer anderen Position,
so dass in jeder Ruhephase ein anderer Teil der Oberfläche exponiert
ist.
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Beispiel 3
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Zellbesiedelung einer
Gefäßprothese – Variante
1
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Unter
Verwendung der im obigen Beispiel 1 beschriebenen Besiedelungsvorrichtung
wird ein als Gefäßprothese
ausgebildetes Implantat zunächst
mit Fibroblasten Anschließend
folgt eine Ruheperiode von 2 bis 8 Tagen in Kulturmedium, um das
Anwachsen der Zellen und ihre Haftung sicherzustellen. Dies ist
abhängig
von der initialen Beschichtungsdichte und der Anhaftung an der Prothese.
Nach dieser Phase wird dann mit Endothelzellen besiedelt. Nach einer
weiteren Ruhephase von 2 bis 7 Tagen ist die Prothese zur Implantation
in den Patienten einsatzbereit.
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Beispiel 4
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Zellbesiedelung einer
Gefäßprothese – Variante
2
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Unter
Verwendung der im obigen Beispiel 1 beschriebenen Besiedelungsvorrichtung
wird ein als Gefäßprothese
ausgebildetes Implantat zunächst
mit einer Mischkultur aus glatten Muskelzellen und Fibroblasten
besiedelt. Anschließend
folgt eine Ruheperiode von 2 bis 8 Tagen in Kulturmedium, um das
Anwachsen der Zellen und die Haftung sicherzustellen. Nach dieser
Phase wird dann mit Endothelzellen besiedelt. Nach einer weiteren
Ruhephase von 2 bis 7 Tagen ist die Prothese zur Implantation in
den Patienten einsatzbereit.
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Beispiel 5
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Zellbesiedelung einer
Aortenklappe – Variante
1
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Analog
dem Verfahren von Beispiel 3 wird bei einer Vorform eines prothetischen
Aortenrohrs die Außen-
und Innenwand mit Fibroblasten (Zellsuspension mit > 107 Zellen)
mittels des Inkubators von Beispiel 1 beschichtet. Nach einer Ruhephase
von einem Tag wird mit der Vorrichtung von Beispiel 2 und einer
geringeren Zellzahl von 105 bis 106 Zellen erneut mit Fibroblasten beschichtet,
um auch auf den Klappensegeln ein entsprechendes Zell-Layer zu erzeugen.
Hieran schließt
sich eine Ruhephase von 2 bis 8 Tagen an. Danach wird im Inkubator
von Beispiel 2 die Aortenprothese mit Endothelzellen besiedelt.
Nach einer weiteren Ruhephase von 2 bis 7 Tagen ist die Prothese
dann zur Implantation in den Patienten einsatzbereit.
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Beispiel 6
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Zellbesiedelung einer
Aortenklappe – Variante
2
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Analog
dem Verfahren von Beispiel 3 wird bei einer Vorform eines prothetischen
Aortenrohrs die Aussen- und Innenwand mit einer Mischkultur aus Fibroblasten
und glatten Muskelzellen (> 107 Zellen) im Inkubator von Beispiel 1 besiedelt.
Nach einer Ruhephase von einem Tag wird mit dem Inkubator von Beispiel
2 und einer geringeren Zellzahl (105 bis
106 Zellen) erneut mit Fibroblasten beschichtet,
um auch auf den Segeln ein entsprechendes Zell-Layer zu erzeugen.
Hieran schließt
sich eine Ruhephase von 2 bis 8 Tagen an. Danach wird im Inkubator
von Beispiel 2 mit Endothelzellen besiedelt. nach einer weiteren
Ruhephase von 2 bis 7 Tagen ist die Prothese dann zur Implantation
in den Patienten einsatzbereit.
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Beispiel 7
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Ausbildung
einer Herzklappenprothese
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Zur
Erläuterung
des Ausführungsbeispiels wird
auf die beigefügte 1 Bezug
genommen, die eine Herzklappenprothese zeigt, die zur besseren Übersicht
teilweise geöffnet
ist. In der Zeichnung bezeichnen die Bezugszeichen 1a/b
Nahtringe, 2 Aortenstumpfprothese, 3 Arterienklappenprothese, 4 Aorta, 5 linker
Vorhof, 6 linke Herzkammer, 7 rechte Herzkammer
und 8 obere Hohlvene.
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Das
Implantat wird gebildet mit Polyurethanvlies als Segel und gewebter/gewirkter
Gefäßprothese
aus Polyester. Eine gewebte Aortenstumpfprothese (2) wurde
auf einen Formkern gespannt, der den Gewebeschlauch offen hält und ein
Abbild der Innenkonturen einer Herzklappe mit Aortenstumpf und geschlossenen
Segeln darstellt. Durch Versprühen
einer Polyurethanlösung
auf den Schlauch und den im Schlauch befindlichen Formkern, kann
die Herzklappenprothese (3) direkt in die Aortenstumpfprothese integriert
werden. Es kann so ein Durchdringen der feinen (delikaten) Vliesstruktur,
die die Herzklappenprothese bildet und mit dem Aortenstumpf verbindet, in
die gewebte Aortenstumpfprothese erzielt werden. Die Nahtringe 1a und 1b werden
aus einem aus Polyurethanlösung
gesprühten,
dann aufgerollten Vliesschlauch gebildet. Nach dem Herausnehmen
des Formkerns werden die Segel durch Einschnitte voneinander getrennt.
Sie verbleiben in unbelastetem Zustand in der Schließstellung.