DE3807672A1 - Verfahren zum kontinuierlichen messen des blutdrucks am menschen und blutdruckmessgeraet zum durchfuehren des verfahrens - Google Patents

Description

Die Erfindung betrifft ein Blutdruckmeßgerät zur kontinu­ ierlichen Blutdruckmessung am Menschen.

Alle bekannten praktisch einsatzfähigen nichtinvasiven Blutdruckmeßgeräte benutzen in abgewandelter Form das Meß­ verfahren nach Riva-Rocci/Korotkoff (RR-Methode) bzw. anstelle des Korotkoff-Mikrofons die Oszillation des Drucks in einer elastischen Manschette. Das gilt sowohl bei manu­ eller Bedienung als auch für automatisierte Geräte, die als ambulante Blutdruckmonitore mit 24-Stunden-Messung angeboten werden. Die Hauptnachteile solcher im Prinzip auch am Körper tragbaren Blutdruckmonitore sind, daß sie auf Dauer sehr unangenehm für den Patienten sind durch die wiederholte Unterbrechung des Blutkreislaufs und daß der dadurch verursachte lange zeitliche Abstand zwischen den Messungen keine kontinuierliche Messung zuläßt.

Bekannt ist weiterhin, daß die Pulswellengeschwindigkeit einen gewissen Zugang zum Blutdruck ermöglicht. Bei der Messung der Pulswellengeschwindigkeit bzw. Pulswellenlauf­ zeit (PWL) wird die Laufzeit der durch jeden Herzschlag verursachten Pulswelle gemessen, wobei man entweder die Zeitdifferenz zwischen R-Zacke des Elektrokardiogramms (EKG) und Ankunft des Pulses an einer peripheren Arterie mißt oder die Zeitdifferenz zwischen zwei verschieden weit distal liegenden Pulsen über mechanische oder optische Aufnehmer erfaßt. Die so bestimmte PWL korreliert intra­ individuell hoch mit mittleren Blutdruckwerten. Der Haupt­ nachteil dieses Verfahrens ist, daß eine getrennte Messung der diastolischen und systolischen Drucke prinzipiell nicht möglich ist.

Des weiteren befinden sich auf dem Markt Meßgeräte, die die mit dem Puls schwankenden Änderungen der Blutvolumen­ dichte z. B. am Ohrläppchen photoelektrisch kontinuierlich bestimmen, sogenannte Ohrpulsmeßgeräte (OPM). Diese Geräte, die im Prinzip seit langem bekannt sind, dienen jedoch lediglich zur Bestimmung der Pulsfrequenz. Es ist dem Fach­ mann nicht ersichtlich, wie solche Geräte zur Blutdruck­ messung weiterentwickelt werden können.

Andere Vorschläge zur nichtinvasiven, kontinuierlichen Blut­ druckmessung, soweit sie davon Gebrauch machen, einen Sen­ sor exakt über einer Einzelarterie (z. B. Armarterie) unver­ rückbar zu placieren, scheitern praktisch an der viel zu großen Empfindlichkeit gegen Bewegungs-Artefakte.

Obwohl der menschliche Blutdruck eines der wichtigsten kreislauf-physiologischen Maße ist und im präventiven Be­ reich, in der Diagnostik und bei der per- und postoperati­ ven Überwachung von großer Bedeutung ist, besteht in all diesen Bereichen das Problem, den Blutdruck fortlaufend und unblutig zu messen.

Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Meßsystem anzuge­ ben, mit dem der Blutdruck fortlaufend und unblutig gemessen werden kann, insbesondere der systolische, diastolische und mittlere Blutdruck. Weiter ist es Aufgabe der Erfin­ dung, die obengenannten Nachteile der bekannten auf der RR-Methode beruhenden Meßgeräte zu vermeiden. Auch das Pro­ blem der Empfindlichkeit gegen Bewegungsartefakte soll dabei gelöst werden.

Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch das im Patentan­ spruch 1 angegebene Blutdruckmeßgerät gelöst.

Das erfindungsgemäße Blutdruckmeßsystem wird anhand eines Ausführungsbeispiels beschrieben:

Auf der Brust des Patienten sind über dem Herz (zwei) EKG-Elektroden angebracht. Am Ohrläppchen ist mit einem Ohrclip der OPM-Sensor angeklemmt bzw. zusätzlich angeklebt. Der OPM-Sensor erfüllt eine Doppelfunktion:

• - Eine kleine Lichtquelle mit geeigneter Wellen­ länge durchstrahlt das Ohrläppchen. Die Trans­ mission des Ohrläppchens, die proportional mit dem Blutdruck variiert, wird von einer Photodiode gemessen.
• - Dem zeitlichen Transmissionsverlauf läßt sich außerdem unmittelbar die Ankunft der Pulswelle am Ohrläppchen, relativ zur Systole registriert durch das EKG-Signal, entnehmen. Damit ist die Pulswellenlaufzeit (PWL) für die Strecke Herz/Ohrläppchen bestimmt.

Für jeden Patienten wird eine individuelle Eichkurve er­ stellt, die den Zusammenhang zwischen der PWL angibt und dem zugehörigen mittleren Blutdruck p _M , bestimmt nach der altbekannten Manschetten-Methode. Da dieser Zusammenhang fast linear ist, genügen zur Darstellung etwa drei Meß­ punkte, entsprechend gleichvielen erforderlichen Kreislauf- Belastungsstufen bei der Eichung.

Zur weiteren Erläuterung zeigt Fig. 1 schematisch den Ver­ lauf des Photostroms i(t) an der OPM-Photodiode, wobei in diesem Beispiel die Lichtquelle eine gepulste (Infrarot)- Leuchtdiode ist. Am rechten Rand der Abbildung sind die zu­ gehörigen Blutdruckwerte angegeben (mittlerer p _M , systolischer p _S und diastolischer Druck p _D ). Praktisch gilt:

p _M = p _D + f · (p _S - p _D ), (Gleichung 1), wobei für periphere Arterien allgemein f = ¹/₃ gilt.

Die Photostromkurve des OPM läßt sich in Blutdruckwerte eichen, indem erstens von Gleichung 1 Gebrauch gemacht wird und indem zweitens der Signaldifferenz Δ i die konventio­ nell gemessene Druckdifferenz Δ p = p _S - p _D zugeordnet wird.

Außerdem ist für diese Druckzuordnung erfindungsgemäß eine laufende automatisch auf elektronischem Weg vorgenommene Nacheichung notwendig aus folgenden Gründen:

Im dichten arteriellen Gefäßsystem des Ohrläppchens können Signaländerungen Δ i typischerweise verursacht sein erstens durch blutdruckproportionale pulssynchrone Gefäßerweiterun­ gen, zweitens beeinflußt sein durch langsame vasomotorische und andere Änderungen der Menge der durchströmten Capilla­ ren.

Ist e die Extinktion des IR-Lichts (Summe aus Absorption und Streuung), q(t) der pulsierende Gefäßquerschnitt und n _Cap die Menge der jeweils blutführenden Capillaren, dann gilt folgende Proportionalität e ∼ q(t) · n _Cap . n _Cap ändert sich langsam. Änderungen von n _Cap werden durch automatische Nacheichung folgendermaßen berücksich­ tigt:

Bei bestimmten konstanten Blutdruckwerten wird das zuge­ hörige OPM-Signal registriert und aus dessen Änderung wird eine Korrektur der Blutdruckwerte vorgenommen. Die Änderung des OPM-Signals ist proportional zur Änderung von n _Cap . Mit Hilfe dieses Proportionalitätsfaktors kann dann bei der Zuordnung Δ i → Δ p dieser Einfluß auf die Blutvolumen­ dichte des Ohrläppchens laufend herausgerechnet werden.

Entscheidend ist auch, daß bei der Eichung des Detektor­ signals in Blutdruckwerte nirgends eine Zuordnung i(t) → p(t) nötig ist, sondern daß erfindungsgemäß die wesentlich einfacher erfaßbare Zuordnung Δ i(t) → Δ p(t) angewandt wird.

Das Blockschaltbild in Fig. 2 verdeutlicht den Aufbau des Blutdruck-Meßsystems.

Im folgenden sind weitere Ausgestaltungen der Erfindung angegeben.

Als OPM-Sensor zur Bestimmung der arteriellen blutdruck­ proportionalen Blutvolumendichte können prinzipiell alle pulsregistrierenden Meßsysteme angewandt werden, bei denen ein am Ohrläppchen abgenommenes Meßsignal proportional zur Blutvolumendichte und/oder zum Blutdruck ist.

Als Meßstelle für die arterielle Blutvolumendichte kommen im Prinzip alle gut durchbluteten Hautgebiete in Frage, wo­ bei natürlich die acralen Hautgebiete (Finger, Zehen, Ohr­ läppchen) zur Anbringung von Sensoren besonders geeignet sind.

Zur Ausschaltung des Einflusses der variablen Sauerstoff­ sättigung des Blutes auf das OPM-Detektorsignal wählt man eine IR-Lichtwellenlänge λ, die sich aus dem Kreuzungspunkt der spektralen Transmission für reduziertes und oxygenier­ tes Blut ergibt, dem sogenannten isobestischen Punkt (z. B. λ = 805 nm).

In Fällen, wo die PWL-Bestimmung mit Hilfe der EKG-Elek­ troden zu unbefriedigenden Ergebnissen führt, wird statt der EKG-Elektrode ein geeignetes Miniatur-Mikrofon verwen­ det, das mit einem Klebestreifen über dem Herz befestigt wird. Das Mikrofon dient dann zur Feststellung der Systole (erster Herzton).

Eine zusätzliche Möglichkeit zur weiteren Reduzierung von Bewegungs-Artefakten aber auch sonstiger Störeinflüsse besteht darin, beide Ohrläppchen mit je einem OPM zu ver­ sehen. Durch Vergleich der von beiden Ohrläppchen kommen­ den Signale, z. B. Anwendung einer Koinzidenz-Schaltung, lassen sich vielerlei Störungen eliminieren.

Ein Ausführungsbeispiel eines OPM-Sensors in Form eines Ohrclips ist in

Fig. 3 im Schnitt dargestellt. Darin bezeich­ net (1) eine LED, (2) eine Fotodiode und (3) einen inte­ grierten Temperaturfühler. Der angeklemmte Ohrclip ist auf beiden Seiten des Ohrläppchens (5) mit Hilfe ringförmiger Klebestreifen (4) gut fixiert. Der Temperaturfühler (3) steht in Hautkontakt mit dem Ohrläppchen. Die Temperatur­ messung dient zur zusätzlichen Kontrolle von Änderungen der Blutvolumendichte des Ohrläppchens, die wie beschrieben laufend überwacht werden müssen.

Die Vorteile der Erfindung bestehen darin, daß eine konti­ nuierliche nichtinvasive Blutdruckmessung nicht nur in der Klinik sondern auch in Alltagsumgebung möglich ist, ja sogar im Schlafzustand, daß die Meßfühler, nämlich Ohrclip und EKG-Elektroden, für den Patienten eine zu vernachlässi­ gende körperliche Beeinträchtigung darstellen, daß das Meß­ system bequem am Körper tragbar ist, weil es sehr klein und leicht ist, daß das System eine auf ein Minimum reduzierte Anfälligkeit für Bewegungs-Artefakte aufweist, weil nicht an einer Einzelarterie gemessen wird, daß das Meßsystem erheblich preisgünstiger herstellbar ist als Systeme nach dem Stand der Technik.

Claims (8)

1. Blutdruckmeßgerät zur kontinuierlichen Blutdruckmessung am Menschen, dadurch gekennzeichnet,
daß kontinuierlich die Pulswellenlaufzeit (PWL) zwischen Herz und Ohrläppchen gemessen wird zur Bestimmung des mitt­ leren Blutdrucks, wobei von einer individuellen Eichkurve Gebrauch gemacht wird, die die PWL als Funktion des mittle­ leren Blutdrucks angibt,
daß mit einem an den Ohrläppchen des Probanden befestigtem Ohrpulsmeßgerät (OPM) die arterielle blutdruckproportionale Blutvolumendichte bestimmt wird, wobei nicht eine Einzel­ arterie, sondern ein dichtes Gefäßnetz erfaßt wird,
daß dieses OPM auch gleichzeitig zur Messung der PWL ver­ wendet wird,
daß das OPM-Meßsignal individuell in Blutdruckwerten geeicht wird durch Vergleich mit den konventionell gemessenen Blut­ druckwerten,
daß die Blutdruckzuordnung zum OPM-Signal kontinuierlich auf elektronischem Weg nachgeeicht wird, indem bei bestimm­ ten konstanten Blutdruckwerten das zugehörige OPM-Signal registriert wird und aus dessen Änderung eine Korrektur der Blutdruckwerte vorgenommen wird, die vasomotorischen und anderen körpereigenen Regelungen der Blutvolumendichte des Ohrläppchens Rechnung trägt,
daß die Messung unblutig, nichtinvasis ist.

2. Blutdruckmeßgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeich­ net, daß zur Messung der PWL EKG-Elektroden über dem Herz verwendet werden.

3. Blutdruckmeßgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeich­ net, daß anstelle von EKG-Elektroden nach Anspruch 2 ein ge­ eignetes Miniatur-Mikrofon zur Registrierung des ersten Herztons über dem Herz befestigt wird.

4. Blutdruckmeßgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeich­ net, daß das OPM zur Durchstrahlung des Ohrläppchens eine gepulste Infrarot-Leuchtdiode (1) aufweist und daß die Transmission des Ohrläppchens von einer Photodiode (2) ge­ messen wird.

5. Blutdruckmeßgerät nach Anspruch 4, dadurch gekennzeich­ net, daß die IR-Leuchtdiode (1) eine IR-Wellenlänge in der Nähe eines isobestischen Punktes aufweist, um Einflüsse der variablen Sauerstoffsättigung des Blutes zu vermeiden.

6. Blutdruckmeßgerät nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekenn­ zeichnet, daß beide Ohrläppchen mit je einem OPM verse­ hen sind, wobei durch elektronischen Vergleich beider De­ tektorsignale Störungen verschiedener Art erkannt und eli­ miniert werden sollen.

7. Blutdruckmeßgerät nach Anspruch 6, dadurch gekennzeich­ net, daß die beiden OPM-Detektorsignale einer Koinzidenz- Schaltung zugeführt werden, die alle Signale, die nicht an beiden Ohrläppchen gleichzeitig gemessen werden, unter­ drückt und somit als Artefakte bewertet.

8. Blutdruckmeßgerät nach den Ansprüchen 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß der am Ohrläppchen befestigte OPM-Sen­ sor einen integrierten Temperaturfühler enthält, der mit dem Ohrläppchen in Hautkontakt steht, um dessen Temperatur zu messen.