Beschreibung 1
VERFAHREN ZUR ERMITTLUNG EINES FÜR DEN ERMÜDUNGSZUSTAND EINES BAUTEILS CHARAKTERISCHEN KENNWERTS
Verfahren zur Ermittlung eines Näherungswerts für einen für den Ermüdungszustand eines Bauteils charakteristischen Kenn- wert
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Ermittlung eines Näherungswerts für einen für den Ermüdungszustand eines Bauteils in Folge einer zeitlich variierenden Belastung cha- rakteristischen Kennwert anhand einer Anzahl von Lastspielzy- klen.
In einer Vielzahl von Anwendungen in technischen Anlagen kön¬ nen Bauteile oder Komponenten alternierenden oder zeitlich variierenden Belastungen, beispielsweise mechanischer oder thermischer Art, ausgesetzt sein. Dabei können einzelne Bau¬ teile beispielsweise unmittelbaren mechanischen Belastungen durch auftretende Druck- oder Zugspannungen ausgesetzt sein. Eine derartige zeitlich variierende Belastung thermischer Art entsteht hingegen beispielsweise für die Bauteile oder Kompo¬ nenten in einer Turbinenanlage, insbesondere in einer Dampf¬ turbine, wenn die Dampfturbine angefahren und/oder abgefahren wird.
Beim Anfahren der Dampfturbine werden nämlich die Turbinen¬ teile von einem kalten Anfangszustand ausgehend zunehmend be¬ heizt, bis sich im auslegungsgemäßen Betriebszustand ein ver¬ gleichsweise hohes Temperaturniveau eingestellt hat. Beim Ab¬ fahren der Dampfturbine werden hingegen die Bauteile ausge- hend von einem vergleichsweise heißen Ausgangszustand immer weiter abgekühlt, bis sämtliche Bauteile Umgebungstemperatur erreicht haben. Während dieser Anwärm- und Abkühlphase ent¬ steht in einigen Bauteilen eine Temperaturdifferenz zwischen der dem beheizenden oder kühlenden Medium unmittelbar ausge- setzten Oberfläche und dem Inneren des jeweiligen Bauteils. Derartige Temperaturunterschiede können zu thermischen Span-
nungen im Bauteil und somit zu einer unmittelbaren Belastung des Bauteils führen.
Das Auftreten von mechanischen oder thermischen Belastungen der genannten Art in den Bauteilen kann auf mikroskopischer Basis zu Umordnungsprozessen im Kristallgefüge der Bauteile oder dergleichen führen. Daher resultieren derartige zeitlich variierende Belastungen üblicherweise in einer sogenannten Materialermüdung oder Erschöpfung des jeweiligen Bauteils, die mit einer sukzessiven Verschlechterung oder Beeinträchti¬ gung der Materialeigenschaften wie beispielsweise Härte oder Belastbarkeit einhergeht. Mit zunehmendem Ermüdungszustand des Bauteils oder der damit einhergehenden Beeinträchtigung der Materialeigenschaften kann das jeweilige Bauteil mögli- cherweise die spezifisch vorgegebenen Auslegungskriterien wie beispielsweise Belastbarkeit und dergleichen nicht mehr er¬ füllen, so dass infolge der fortschreitenden Ermüdung bei zeitlich variierender Belastung des jeweiligen Bauteils des¬ sen Lebensdauer oder zukünftige Einsetzbarkeit begrenzt wird. Für die einer alternierenden oder zeitlich variierenden Be¬ lastung ausgesetzten Bauteile ist daher üblicherweise unter Berücksichtigung der auftretenden Ermüdung oder Materialer¬ schöpfung ein rechtzeitiger Austausch des jeweiligen Bauteils oder auch eine andere geeignete Wartung innerhalb eines vor- gegebenen Wartungsintervalls vorgesehen.
Um unnötigen Stillstand der jeweiligen technischen Anlagen und damit einhergehende hohe Wartungskosten und dergleichen zu vermeiden oder besonders gering zu halten, ist üblicher- weise eine an den Ermüdungs- oder Erschöpfungszustand der be¬ sonders belasteten Bauteile angepasste Planung von Wartungs¬ intervallen und dergleichen vorgesehen. Um dies besonders zielgerichtet erreichen zu können, ist für vielerlei Anwen¬ dungen die näherungsweise Bestimmung eines für den Ermüdungs- zustand des jeweiligen Bauteils charakteristischen Kennwerts vorgesehen. Zur Bestimmung eines derartigen Kennwerts werden üblicherweise die auch als Lastspiel bezeichneten Belastungs-
zyklen des Bauteils ausgewertet. Dazu wird der zeitliche Ver¬ lauf der Belastung des jeweiligen Bauteils anhand der konti¬ nuierlichen Erfassung eines dafür charakteristischen Mess¬ werts überwacht.
Beispielsweise kann dabei der zeitliche Verlauf einer am Bau¬ teil anliegenden mechanischen Spannung oder, wie beispiels¬ weise im Fall einer Dampfturbine, der zeitliche Verlauf einer im Bauteil auftretenden Temperaturdifferenz zwischen Bauteil- Oberfläche und Bauteilinnerem, aus der eine thermische Belas¬ tung resultiert, überwacht werden. Als Lastspiel wird dabei ein vollständiger Belastungszyklus des Bauteils bezeichnet, bei dem ausgehend von einem Anfangszustand zunächst ein Maxi¬ mum in der Belastung, beispielsweise auftretend durch eine maximale mechanische Spannung, und anschließend nach einem Nulldurchgang ein Minimum, beispielsweise auftretend durch eine maximale mechanische Zugspannung, durchlaufen wird. Der Endpunkt dieses als Lastspiel bezeichneten Belastungszyklus wird erreicht, wenn das Bauteil nach alternierend durchlaufe- ner Druck- und Zugspannung wieder seinen ursprünglichen Zu¬ stand erreicht hat.
Das in einem derartigen Belastungszyklus insgesamt aufgetre¬ tene Lastspiel ist dabei üblicherweise die gesamte durchlau- fene Schwankungsbreite der Belastung, also die Differenz zwi¬ schen den Belastungswerten bei maximal anliegender Druckspan¬ nung und bei maximal anliegender Zugspannung. Aufgrund von Erfahrungswerten, die üblicherweise einerseits material- und andererseits bauteilspezifisch vorliegen und beispielsweise in geeigneten Materialtabellen oder dergleichen vorgehalten sein können, wird aus einem derartigen Lastspiel nach Vollen¬ dung des jeweiligen Belastungszyklus ein die damit einherge¬ hende Materialermüdung spezifizierender Kennwert ermittelt. Die insgesamt beim Einsatz des Bauteils aufgetretene Ermüdung oder Erschöpfung wird durch die Kumulation der einzelnen Er¬ müdungs-Kennwerte errechnet, wobei im Ergebnis ein für das Bauteil bisher insgesamt aufgetretener Erschöpfungswert er-
mittelt werden kann. Anhand dieses kumulierten Erschöpfungs¬ werts kann sodann die erwartete Restlebensdauer des Bauteils prognostiziert werden, wobei ein Wartungs- oder Austauschin¬ tervall für das Bauteil anhand der jeweils ermittelten Er- schöpfungs-Kennwerte besonders bedarfsgerecht festgelegt wer¬ den kann.
Nachteilig bei den genannten Konzepten ist jedoch, dass die in die Ermittlung des Kennwertes für den Erschöpfungszustand einfließenden Messwerte gerade bei Belastungszyklen, die sich je nach Anwendung der jeweiligen Komponente über einen bedeu¬ tenden Zeitraum von beispielsweise Monaten oder sogar Jahren erstrecken können, nur bedingt zeitnah zur Verfügung gestellt werden können.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Ermittlung eines Näherungswertes für einen für den Ermü¬ dungszustand eines Bauteils infolge einer zeitlich variieren¬ den Belastung charakteristischen Kennwert anhand einer Anzahl von Lastspielzyklen anzugeben, mit dem selbst bei zeitlich vergleichsweise lang ausgedehnten Belastungszyklen eine be¬ sonders bedarfsgerechte und für die zeitnahe Festlegung von Wartungsintervallen geeignete Prognose über den aktuellen Er¬ müdungszustand des Bauteils ermöglicht wird.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst, indem zusätzlich zu gegebenenfalls bereits vollständig abgeschlossenen Last¬ spielzyklen auch ein erst teilweise abgeschlossener Last- spielzyklus bei der Ermittlung des Kennwerts berücksichtigt wird, wobei temporäre Belastungswerte für noch nicht durch¬ laufene Phasen des teilweise abgeschlossenen Lastspielzyklus mit einem vorgegebenen Festwert berücksichtigt werden.
Die Erfindung geht dabei von der Überlegung aus, dass ein auch für eine vergleichsweise zeitnahe Prognose des aktuellen Ermüdungszustands eines Bauteils geeignetes Verfahren unab¬ hängig von möglicherweise vergleichsweise langen Zeitspannen
bei der Beendigung eines Belastungszyklus ausgelegt sein sollte. Um dennoch eine vergleichsweise zuverlässige Prognose über den aktuellen Ermüdungszustand abgeben zu können, sollte das Verfahren jedoch nicht auf die Auswertung der in der Ver- gangenheit bereits abgeschlossenen Lastspielzyklen beschränkt sein. Dies ist erreichbar, indem auch für einen aktuell be¬ reits bestehenden, aber noch nicht abgeschlossenen Last- spielzyklus bereits Erkenntnisse bei der Ermittlung des Nähe¬ rungswerts für den Ermüdungszustand mitberücksichtigt werden, selbst wenn für diese aufgrund der nur unvollständig vorlie¬ genden Daten des aktuellen Belastungszyklus möglicherweise eine vergleichsweise hohe Ungenauigkeit in Kauf genommen wer¬ den muss. Um dies zu erreichen, sollten beim aktuell durch¬ laufenen, noch nicht abgeschlossenen Belastungszyklus in größtmöglichem Umfang bereits tatsächlich vorliegende Mess¬ werte mitberücksichtigt werden, wobei zur weiteren Verarbeit- barkeit für die noch nicht vorhandenen, für die noch nicht durchlaufenen Phasen des teilweise abgeschlossenen Last- spielzyklus charakteristischen Belastungswerte in der Art ei- nes Platzhalters ein geeigneter Festwert als Ersatzwert vor¬ gegeben wird.
Der für die noch nicht durchlaufenen Phasen des teilweise ab¬ geschlossenen Lastspielzyklus als temporärer Belastungswert vorgegebene Festwert kann dabei insbesondere im Hinblick auf vorhandene, möglicherweise material- oder bauteilspezifische Erkenntnisse geeignet gewählt werden. Zur besonderen Verein¬ fachung der weiteren Auswertung wird jedoch vorteilhafter¬ weise als Festwert ein Nullwert vorgegeben.
Die näherungsweise Ermittlung des für den aktuellen Ermü¬ dungszustand des Bauteils charakteristischen Kennwerts er¬ folgt vorzugsweise anhand der Ermittlung eines Zwischenwerts aufgrund von ermittelten Belastungswerten des aktuell durch- laufenen Belastungszyklus, wobei der Zwischenwert anhand vor¬ gehaltener Datenbasen geeignet in den eigentlichen für den Ermüdungszustand charakteristischen Kennwert umgeformt werden
kann. Als Zwischenwert für die Ermittlung des Näherungswerts wird dabei vorteilhafterweise die Differenz aus dem globalen Maximum und dem globalen Minimum eines Lastspielzyklus gebil¬ det.
Je nach zeitlicher Entwicklung der äußeren Umstände und mög¬ licherweise variierenden betrieblichen Anforderungen kann ein Lastspielzyklus zusätzlich zu den in der Regel auftretenden globalen Maxima und Minima noch lokale Maxima oder Minima aufweisen. Um eine besonders zeitnahe und vergleichsweise ge¬ naue Ermittlung des für den Ermüdungszustand charakteristi¬ schen Kennwerts auch für den Fall zu ermöglichen, dass das globale Minimum des noch nicht abgeschlossenen Lastspielzy¬ klus noch nicht erreicht ist und somit entsprechende Erkennt- nisse noch nicht vorliegen, wird vorteilhafterweise als Zwi¬ schenwert für die Ermittlung des Näherungswerts die Differenz aus dem globalen Maximum und einem lokalen Minimum eines Lastspielzyklus gebildet.
Das Verfahren ist besonders vorteilhaft für Komponenten oder Bauteile einsetzbar, die betriebsbedingt einem zeitlich ver¬ gleichsweise lang ausgedehnten Belastungszyklus unterworfen sind, da gerade bei derartigen Bauteilen oder Komponenten die für die Auswertung ansonsten erforderliche vollständige Been- digung des aktuellen Lastspielzyklus oder Belastungszyklus zu einer vergleichsweise großen zeitlichen Abweichung bei der Ermittlung des Ermüdungszustands vom aktuellen Ist-Zustand führen kann. Vorteilhafterweise wird das Verfahren daher im Schwermaschinenbau, insbesondere in einer Kraftwerksanlage, vorzugsweise beim Betrieb einer Dampfturbinenanlage, einge¬ setzt.
Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbeson¬ dere darin, dass durch die Berücksichtigung noch nicht durch- laufener Phasen des teilweise abgeschlossenen Lastspielzyklus mit einem vorgegebenen Festwert für den jeweiligen Bela¬ stungswert eine besonders zeitnahe Ermittlung des Erschöp-
fungszustands des jeweiligen Bauteils ermöglicht ist, ohne dass zunächst der vollständige Abschluss des aktuellen Bela¬ stungszyklus abgewartet werden müsste. Dabei können zumindest die bereits vorliegenden Erkenntnisse des aktuellen Last- spielzyklus mitberücksichtigt werden, so dass für das jewei¬ lige Bauteil auch innerhalb eines unvollständigen Last- spielzyklus zumindest ein Näherungswert für die mindestens bereits erreichte Erschöpfung oder Materialermüdung ermittelt werden kann. Damit sind gerade auch bei zeitlich vergleichs- weise lang ausgedehnten Belastungszyklen qualitativ ver¬ gleichsweise hochwertige Prognosen zum aktuellen Materialzu¬ stand und über mögliche Restlebensdauern, erforderliche War¬ tungsarbeiten und dergleichen ermöglicht. Darüber hinaus ist, beispielsweise im Falle des Ausfalls eines Bauteils, eine verbesserte Diagnose ermöglicht, da eine auftretende Erschöp¬ fung zeitnah zur zugrunde liegenden Ursache ermittelt wird, so dass eine Zuordnung der aufgetretenen Erschöpfung zur mög¬ lichen Ursache vergleichsweise präzise möglich ist.
Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand einer
Zeichnung näher erläutert. Darin zeigt die Figur in Form ei¬ nes Diagramms den möglichen zeitlichen Verlauf eines Bela¬ stungszyklus einer Komponente beim Betrieb einer Dampftur¬ bine.
Bei der üblichen Betriebsweise einer Dampfturbine erfolgt in einer Start- oder Anlaufphase, ausgehend von der stillstehen¬ den Turbine, eine sukzessiv ansteigende Beaufschlagung mit einem Arbeitsmedium hoher Temperatur, die zur Aufheizung von insbesondere den mit dem Medium in Kontakt stehenden Kompo¬ nenten führt. Die Aufheizung der dem Medium unmittelbar aus¬ gesetzten Komponenten wie beispielsweise der Turbinenschau¬ feln oder anderer dem Strömungsmedium unmittelbar ausgesetz¬ ten Bauteilen erfolgt dabei zunächst über eine vergleichs- weise schnelle Erwärmung der dem Medium unmittelbar ausge¬ setzten Oberflächen, die sich in Folge der thermischen Träg¬ heit je nach Material und Bauweise der jeweiligen Komponente,
insbesondere der jeweiligen Wandstärke, mehr oder weniger schnell in den Innenbereich der jeweiligen Komponente fort¬ setzt. In einer Übergangsphase während des Anlaufens der Dampfturbine besteht somit in einigen Komponenten eine Tempe- raturdifferenz zwischen Außenseite oder Oberfläche einerseits und Innenbereich andererseits der jeweiligen Komponente. Diese Temperaturdifferenz resultiert in einer thermischen Spannung in der jeweiligen Komponente, die grundsätzlich ei¬ ner mechanischen Spannung, beispielsweise einer Druckspan- nung, vergleichbar ist.
Beim Abkühlen der Dampfturbine erfolgt hingegen die Abkühlung der jeweiligen Komponenten, indem zunächst die Oberfläche auskühlt und sich diese zunehmende Auskühlung in den Innen- räum der jeweiligen Komponente fortsetzt. Während dieser Be¬ triebsphase der Dampfturbine besteht somit ebenfalls eine Temperaturdifferenz zwischen Bauteiloberfläche und Bauteilin¬ nenraum an einzelnen Komponenten der Dampfturbine, wobei in dieser Phase jedoch die Oberfläche kälter ist als der Innen- räum der jeweiligen Komponente. Die hieraus resultierenden thermischen Spannungen entsprechen beispielsweise einer me¬ chanischen Zugspannung der Komponente.
Die bei einer derartigen Betriebsweise auftretenden span- nungsinduzierten Belastungen des jeweiligen Bauteils der
Dampfturbine können beispielsweise dargestellt werden als so¬ genanntes Belastungs-Zeit-Diagramm, wie es im Fall einer Dampfturbine beispielhaft als Diagramm 1 in der Figur gezeigt ist. Auf der x-Achse des Diagramms 1 ist dabei die Zeit t aufgetragen, wobei im Ausführungsbeispiel auf der y-Achse ein ermittelter Kennwert für die Temperaturdifferenz ΔT zwischen der Oberfläche eines ausgewählten Bauteils der Dampfturbine, beispielsweise dem Turbinengehäuse, und der Temperatur in dessen Inneren aufgetragen ist. Diese Temperaturdifferenz ist charakteristisch für die im Bauteil auftretenden thermischen Spannungen und somit auch für die dadurch induzierten mecha¬ nischen Spannungen. Alternativ könnte, beispielsweise bei an-
deren Bauteilen der Dampfturbine oder auch bei Bauteilen ei¬ ner anderen technischen Anlage, auf der y-Achse des Diagramms 1 ein anderer, für die Belastung des Bauteils charakteristi¬ scher Wert wie beispielsweise eine mechanische Spannung oder dergleichen, aufgetragen sein.
Der in Diagramm 1 in seiner Gesamtheit dargestellte Bela¬ stungszyklus des Bauteils der Dampfturbine beginnt zum Zeit¬ punkt ti mit der Startphase der Dampfturbine. Vom Zeitpunkt ti an wird die Dampfturbine zunehmend aufgewärmt, so dass sich eine positive Temperaturdifferenz zwischen der Oberfläche und dem Inneren des jeweiligen Bauteils einstellt. In dieser Phase steigt die für den Belastungszyklus charakteristische Belastungskurve 2 im Diagramm 1 zunächst an. Beim weiteren Aufheizen der Dampfturbine vergrößert sich diese Temperatur¬ differenz zunächst weiter, bis sie zum Zeitpunkt t2 ein Maxi¬ mum 4 erreicht.
Bei zunehmender Annäherung an den Gleichgewichtszustand nimmt die Temperaturdifferenz anschließend wieder ab, bis zum Zeit¬ punkt t3 ein Gleichgewichtszustand erreicht ist, in dem in¬ nerhalb des jeweiligen Bauteils eine gleichförmige Tempera¬ turverteilung vorliegt. Im in Diagramm 1 dargestellten Aus¬ führungsbeispiel erfolgt anschließend betriebsartabhängig eine geringfügige Abkühlung der Komponenten, wobei diese sich ebenfalls ausgehend von der Oberfläche des Bauteils in dessen Innenraum hinein ausbreitet. Zwischen der Oberfläche und dem Innenraum des Bauteils entsteht somit eine negative Tempera¬ turdifferenz. Zum Zeitpunkt t4 ist der Betrag dieser Tempera- turdifferenz maximal, so dass sich in der Belastungskurve 2 ein Minimum 6 bildet. Anschließend gleichen sich die Tempera¬ turen zwischen Oberfläche und Innenraum des Bauteils einander wieder mehr an, so dass die Belastungskurve 2 wieder einem Nullwert zustrebt.
Im Ausführungsbeispiel erfolgt jedoch, bevor dieser erreicht ist, eine erneute Abkühlung der Dampfturbine, so dass der Be-
trag der Temperaturdifferenz zwischen Oberfläche und Innen¬ raum des Bauteils wieder anwächst. Dies resultiert zum Zeit¬ punkt ts in einem lokalen Maximum 8 der Belastungskurve 2. Von diesem ausgehend vergrößert sich der Betrag der Tempera- turdifferenz weiter und bildet zum Zeitpunkt te ein weiteres Minimum 10 in der Belastungskurve 2. Von diesem ausgehend nä¬ hern sich die Temperaturen einander wieder an, wobei be¬ triebsabhängig nach Durchlaufen eines weiteren Maximums 12 und eines weiteren Minimums 14 zum Zeitpunkt t7 die Dampftur- bine vollständig abgekühlt ist und die Temperaturdifferenz zwischen Oberfläche und Innenraum des ausgewählten Bauteils wieder den Wert Null annimmt.
Im Zeitraum zwischen den Zeitpunkten ti und t7 durchläuft die Dampfturbine somit einen vollständigen Belastungszyklus mit Aufwärmung und Abkühlung des ausgewählten Bauteils. Infolge der durch die dargestellten Spannungen einsetzenden mikrosko¬ pischen Umordnungsvorgänge erfolgt beim Durchlaufen eines derartigen Belastungszyklus - "auch Lastspiel" genannt - auch eine als Ermüdung oder Erschöpfung des Materials bezeichnete Schwächung des Bauteils, die in reduzierter mechanischer Be¬ lastbarkeit und dergleichen resultiert. Die Lebensdauer des jeweiligen Bauteils ist dabei insbesondere durch die mit der genannten Belastung einhergehende Schwächung oder Ermüdung begrenzt, so dass bei Überschreiten einer insgesamt für das
Bauteil als zulässig angesehenen Materialerschöpfung oder Er¬ müdung ein Austausch oder eine Reparatur des jeweiligen Bau¬ teils als erforderlich angesehen wird.
Die Zuordnung eines für den Erschöpfungszustand des Bauteils charakteristischen Kennwerts kann dabei anhand von bauteil- und materialspezifischen Erfahrungswerten erfolgen, die bei¬ spielsweise in einer Datenbank hinterlegt sein können. Zur Zuordnung eines näherungsweisen Schätzwerts für diese Er- Schöpfung wird der im Diagramm 1 dargestellte Belastungszy¬ klus ausgewertet, indem das durch die Differenz zwischen dem globalen Maximum 4 und dem globalen Minimum 10 gegebene,
durch den Pfeil 16 symbolisierte sogenannte Lastspiel errech¬ net wird. Diesem kann aufgrund vorangegangener Erfahrungen, gegebenenfalls unter Nutzung von in der Datenbank hinterleg¬ ten Daten, ein Schätzwert für die zusätzliche Ermüdung zuge- ordnet werden, die das Bauteil nach Durchlaufen des gesamten durch die Belastungskurve 2 repräsentierten Belastungszyklus erfahren hat. Diese zusätzliche Ermüdung kann in der Art ei¬ ner kumulierten Auswertung zu vorherigen, auf der Grundlage vergangener Belastungszyklen für das Bauteil ermittelten Er- schöpfungs-Kennwerten hinzuaddiert werden, so dass sich ein für die insgesamt für das jeweilige Bauteil vorliegende Er¬ schöpfung charakteristischer Näherungswert ergibt. Aus diesem kann sodann beispielsweise eine Aussage über die Restlebens¬ dauer des Bauteils, eine Prognose für zukünftige Wartungsin- tervalle oder auch eine Diagnoseaussage oder dergleichen ge¬ wonnen werden.
Gerade beim dargestellten Beispiel der Belastung einer Kompo¬ nente einer Dampfturbine kann sich der insgesamt durchlaufene Belastungszyklus jedoch über einen beträchtlichen Zeitraum, beispielsweise über Monate oder Jahre hinweg, erstrecken. Um dabei für die Ermittlung des Schätzwerts für den aktuellen Ermüdungszustand des Bauteils nicht auf den vollständigen Ab¬ lauf des aktuellen Belastungszyklus angewiesen zu sein und eine qualitativ vergleichsweise hochwertige Prognoseaussage besonders zeitnah treffen zu können, ist bei der Ermittlung des Näherungswerts für den für den Ermüdungszustand des Bau¬ teils infolge der zeitlich variierenden Belastung charakteri¬ stischen Kennwert zusätzlich zu den gegebenenfalls bereits abgeschlossenen Lastspielzyklen auch noch die Berücksichti¬ gung eines teilweise abgeschlossenen Lastspielzyklus vorgese¬ hen, wobei in der Berechnung temporäre Belastungswerte für noch nicht durchlaufene Phasen des teilweise abgeschlossenen Lastspielzyklus mit einem Nullwert als vorgegebenen Festwert berücksichtigt werden.
So erfolgt beispielsweise zu einem Zeitpunkt nach Durchlaufen des ersten Maximums 4, also zu einem Zeitpunkt nach dem Zeit¬ punkt t2, eine Ermittlung des Näherungswerts für den Ermü¬ dungszustand des Bauteils mit der Maßgabe, dass der noch nicht abgeschlossene Lastspielzyklus durch Berücksichtigung der durch den Doppelpfeil 18 angedeuteten, bislang maximalen Belastung einfließt. Zu diesem Zweck werden bei der zugrunde¬ liegenden Berechnung die weiteren möglicherweise relevanten Kenngrößen, also beispielsweise die temporäre Belastung im globalen Minimum 10, die noch nicht durchlaufen wurden, als
Nullwerte eingesetzt. Nach Durchlaufen des lokalen Minimums 6 wird hingegen der durch den Doppelpfeil 20 angedeutete bis¬ lang maximale Betrag der Belastung, gegeben durch Auswertung des globalen Maximums 4 und des lokalen Minimums 6, als Zwi- schenwert für die Ermittlung des Näherungswerts berücksich¬ tigt.