Beschreibung
Titel
Verfahren und Vorrichtung zur Ansteuerung von Personenschutzmitteln bei einem Überrollvorgang
Stand der Technik
Die Erfindung betrifft ein Verfahren bzw. eine Vorrichtung zur Ansteuerung von Personenschutzmitteln bei einem Überrollvorgang nach der Gattung der unabhängigen Patentansprüche.
Aus DE 10303149 Al ist es bekannt in Abhängigkeit von verschiedenen fahrdynamischen Größen, wie der Fahrzeugquerbeschleunigung, einer Drehrate und auch einer Fahrzeugschwerpunktsgeschwindigkeit eine Auslöseentscheidung bei einem Überrollvorgang vorzunehmen. Aus dem dabei zitierten Stand der Technik ist es auch bekannt, den Schwimmwinkel für die Entscheidung über die Auslösung von Personenschutzmitteln bei einem Überrollvorgang heranzuziehen.
Offenbarung der Erfindung
Die erfindungsgemäße Vorrichtung bzw. das erfindungsgemäße Verfahren zur Ansteuerung von Personenschutzmitteln bei einem Überrollvorgang haben dem gegenüber den Vorteil, dass durch die Verwendung der Vorausschätzung von fahrdynamischen Größen sich ein Zeitvorteil ergibt und damit eine bessere Auslöseperformance des Überrolldetektionsalgorithmus. Diese fahrdynamischen Größen werden unmittelbar vor dem Überrollvorgang vorausgeschätzt und können so frühzeitig zur Auslöseentscheidung beitragen. Die Vorausschätzung gelingt aus aktuell ermittelten fahrdynamischen Größen. Dabei müssen die aktuell ermittelten fahrdynamischen Größen und die vorausgeschätzten Größen nicht übereinstimmen. Das heißt es kann beispielsweise die Fahrzeugquergeschwindigkeit aus der Fahrzeugquerbeschleunigung
und der Gierrate und dem Schwimmwinkel geschätzt werden. Die Vorausschätzung wird als Modul vorzugsweise in einem Mikrocontroller als der Auswerteschaltung durchgeführt.
Durch die in den abhängigen Ansprüchen aufgeführten Maßnahmen und Weiterbildungen sind vorteilhafte Verbesserungen der in den unabhängigen Patentansprüchen angegebenen Vorrichtung bzw. angegebenen Verfahrens zur Ansteuerung von Personenschutzmitteln bei einem Überrollvorgang möglich.
Besonders vorteilhaft ist, dass aus der Gierrate und dem Schwimmwinkel die
Fahrzeugquergeschwindigkeit und der Schwimmwinkel vorausgeschätzt werden. Diese beiden Größen, die Fahrzeugquergeschwindigkeit und der Schwimmwinkel haben sich als besonders vorteilhaft zur Bildung der Auslöseentscheidung für die Personenschutzmittel gezeigt.
Für die Vorausschätzung kann vorteilhafter Weise auch eine erste Zeitkonstante verwendet werden. Diese Zeitkonstante trägt dabei der Auswirkung der Gierbewegung auf die zukünftige Entwicklung des Schwimmwinkels Rechnung.
Erfindungsgemäß ist es vorteilhaft, dass die Sensorik auch zur Erfassung der
Fahrzeugquerbeschleunigung konfiguriert ist. Damit ist dann die Vorausschätzung der Fahrzeugquergeschwindigkeit auch in Abhängigkeit von der Fahrzeugquerbeschleunigung möglich. Dies verbessert die Schätzung, da dadurch insbesondere eine Überschätzung der Fahrzeugquergeschwindigkeit vermieden wird. Alternativ ist es auch möglich eine konstante Beschleunigung zu verwenden. Zusätzlich wird dann auch eine weitere Zeitkonstante verwendet, die die Wirkungsdauer der lateralen Beschleunigung angibt. Alternativ zu der gemessenen Fahrzeugquerbeschleunigung kann auch ein konstanter einstellbarer Wert oder ein Wertebereich oder eine vorgegebene Funktion verwendet werden, die alle unter dem Begriff vorgegebener Wert subsummiert werden.
Zeichnung
Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in der Zeichnung dargestellt und werden in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert.
Es zeigen:
Figur 1 ein Blockschaltbild der erfindungsgemäßen Vorrichtung,
Figur 2 ein weiteres Blockschaltbild zum Verfahrensablauf,
Figur 3 ein erstes Flussdiagramm und
Figur 4 ein zweites Flussdiagramm.
Beschreibung
Zahlen aus den USA belegen die Bedeutung der passiven Sicherheit bei Fahrzeugüberschlägen oder Überrollvorgängen:
Im Jahr 1998 war die Hälfte aller tödlichen Einzelfahrzeugunfälle auf einen Überrollvorgang zurückzuführen. Im gesamten Unfallgeschehen nimmt der Überrollvorgang einen Anteil von rund 20 % ein. Erfindungsgemäß wird vorgeschlagen, eine Vorausschätzung von fahrdynamischen Größen vorzunehmen, um einen Zeitvorteil bei solch gefährlichen Unfällen wie dem Überrollvorgang zu gewinnen. Dabei wird die Vorausschätzung anhand von gemessenen fahrdynamischen Größen durchgeführt. Als besonders vorteilhaft haben sich als voraus zu schätzende Größen der Schwimmwinkel und die Fahrzeugquergeschwindigkeit v ergeben. Dabei kann der Schwimmwinkel fiestim mit Hilfe des aktuellen Schwimmwinkels ßαfaue// der aktuellen Gierrate ωz αtoe// des Fahrzeugs und einer einstellbaren Zeitkonstante testιm vorausgeschätzt werden:
Paston = P aktuell + ® z , aktuell ' ' * estan O)
Die Zeitkonstante testm trägt dabei der Auswirkung der Gierbewegung auf die zukünftige
Entwicklung des Schwimmwinkels Rechnung.
Die laterale aktuelle Geschwindigkeit v aktudl ergibt sich aus der Schwerpunktsgeschwindigkeit vCM aktueU des Fahrzeugs zu:
- A -
Vy, aktuell ~ V CM , aktuell ' Sin P aktuell (^)
Die Schwerpunktsgeschwindikgeit muss für dieses Verfahren von außen geliefert werden. Idealerweise steht hierfür die Geschwindigkeitsinformation z.B. des ESP-Steuergerätes zur Verfügung. Alternativ dazu kann man sich die Schwerpunktsgeschwindgkeit selbst über Messgrößen berechnen, beispielsweise über die Raddrehzahlen, über GPS-Daten oder über eine optische Sensorik.
Eine Vorausschätzung für v estιm wäre demnach einfach möglich, wenn man die Vorausschätzung für $estιm aus Gleichung (1) in Gleichung (2) einsetzt:
Vy,estιm = V CM , aktuell ' Sm Paston = V CM , aktuell ' S111lP aktuell ^ ^ z , aktuell ' Kstim ) (^)
Der Nachteil von Gleichung (3) liegt in der Möglichkeit, dass der Schwimmwinkel je nach Wahl der Parameter überschätzt werden kann und dadurch eine zu große zukünftige laterale Geschwindigkeit angenommen werden kann. Um diesem Effekt vorteilhafter Weise entgegen zu wirken, kann die aktuelle Fahrzeugquerbeschleunigung des Kraftfahrzeugs, beispielsweise gemessen von Sensoren im Airbagsteuergerät, oder eine konstante Beschleunigung verwendet werden, deren bremsender Einfluss auf die seitwärtige Bewegung während eines Schleuder- oder Überrollvorgangs des
Kraftfahrzeugs einen zukünftigen Abbau der lateralen Geschwindigkeit oder
Fahrzeugquergeschwindigkeit zur Folge hat. Gleichung (3) muss dementsprechend um einen a aktuell -Term für die aktuelle Beschleunigung als auch eine zweite Zeitkonstante tesüml , die die Wirkungsdauer der lateralen Beschleunigung angibt, erweitert werden:
Vy,estιm
= V CM , aktuell
'
+ ® 'z , aktuell
' Kstim ) ~
a y,aktuell
' Kstim2 (4)
Anstatt der aktuell gemessenen lateralen Beschleunigung ay kann auch ein konstanter einstellbarer Wert oder ein Wertebereich oder eine vorgegebene Funktion verwendet werden. Dies ist abhängig von der Implementierung und Applikation der vorgestellten
Funktionalität.
Figur 1 zeigt in einem Blockschaltbild die erfindungsgemäße Vorrichtung. Eine Gierratensensorik C0z , eine Schwimmwinkelsensorik ß und eine Sensorik zur Erfassung der Fahrzeugquerbeschleunigung ay sowie eine Insassensensorik IOS und eine übrige
Sensorik 10 sind jeweils über Dateneingänge an einen MikroController μC als der
Auswerteschaltung angeschlossen, der über einen DateneinAausgang mit einem Speicher 11 verbunden ist. Über einen Ausgang ist der Mikrocontroller μC mit einer
Zündkreisansteuerung FLIC verbunden, an die ein Zündelement ZE angeschlossen ist. Die Sensoren können sich innerhalb oder außerhalb des Steuergeräts befinden, in dem sich der Mikrocontroller μC und die Zündkreisansteuerung FLIC befinden. Andere
Komponenten, die zum Verständnis der Erfindung nicht wesentlich sind aber zu einem Airbagsteuergerät gehören, sind der Einfachheit halber nicht dargestellt. Die Sensoren können beispielsweise in einer Sensorbox als periphere Sensoren oder auch in einem Steuergerät für eine Fahrdynamikregelung angeordnet sein.
Der Mikrocontroller μC bestimmt aus den Sensorwerten der Sensoren 10, IOS, C0z , ß und a die Auslöseentscheidung für das Zündelement ZE. Dazu verwendet der
Mikrocontroller μC einen Algorithmus, der im Speicher 11 abgelegt ist, wie auch einige voreingestellte Werte. Als Gierratensensor C0z kann ein entsprechend konfigurierter
Drehratensensor verwendet werden. Es ist auch möglich, aus einer Beschleunigungssensorik die Gierrate abzuleiten. Der Schwimmwinkelsensor ß oder schwimmwinkelempfindliche Sensor ß ist entweder ein Sensor, der direkt den Schwimmwinkel erfassen kann, dazu sind beispielsweise optische Sensoren geeignet oder er wird aus den Sensorsignalen von Beschleunigungssensoren oder anderen Sensoren abgeleitet. Die Fahrzeugquerbeschleunigung ay wird endlich durch eine entsprechend konfigurierte Beschleunigungssensorik erfasst. Auch die Sensorwerte der übrigen Sensoren 10, COx , az und ax werden durch Beschleunigungssensoren bzw.
Drehratensensoren ermittelt. Als Insassenklassifizierungssensoren IOS kommen beispielsweise Kraftmessbolzen in Frage, die in den Fahrzeugsitz integriert sind.
Alternativ sind jedoch auch Videosensoren, Sitzmatten oder andere ähnliche Techniken anwendbar. Bei dem Speicher 11 handelt es sich um beschreibbaren und auch nicht- beschreibbaren Speicher. Im Auslösefall wird das Zündelement ZE durch eine Zündkreisansteuerung FLIC bestromt.
Anhand von Figur 2 wird der erfindungsgemäße Ablauf, den die Vorrichtung gemäß Figur 1 durchläuft, erläutert. Mittels einer Sensorik 20 werden Sensorwerte wie die Gierrate, die Wankrate, die Beschleunigung, die Geschwindigkeit und der Schwimmwinkel erfasst, wobei die Wankrate und Beschleunigung usw. direkt in den Algorithmus 21 für die Überrollsensierung eingehen. Zwischen der Sensorik 20 und dem
Algorithmus 21, der auf dem Mikrocontroller μC abläuft, ist jedoch ein Modul 22 für eine Vorausschätzung des Schwimmwinkels ß und der Fahrzeugquergeschwindigkeit v vorgesehen. In dieses Modul 22 gehen daher als Eingangswerte die Gierrate C0z , der Schwimmwinkel ß und die Geschwindigkeit vCM . Daraus wird dann, wie oben dargestellt, der Schwimmwinkel ß und die Fahrzeugquergeschwindigkeit v vorausgeschätzt und diese Werte werden dem Algorithmus 21 zugeführt, sodass dieser unter Berücksichtigung dieser vorausgeschätzten Werte die Auslöseentscheidung treffen kann.
Figur 3 erläutert in einem Flussdiagramm den Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens.
In Verfahrensschritt 300 werden die gemäß den unabhängigen Patentansprüchen angegebenen erste fahrdynamischen Größen ermittelt. Dies ist gemäß Figur 1 beispielsweise die Gierrate C0z , der Schwimmwinkel ß , die Geschwindigkeit und auch die Fahrzeugquerbeschleunigung ay . In Verfahrensschritt 301 erfolgt mit den oben angegebenen Gleichungen daraus die Vorausschätzung der zweiten fahrdynamischen
Größen, also dem Schwimmwinkel ß und der Fahrzeugquergeschwindigkeit vy . Neben den oben dargestellten Gleichungen sind auch andere Methoden möglich, beispielsweise auch Näherungsverfahren. In Verfahrensschritt 302 wird dann endlich durch den Mikrocontroller μC die Ansteuerung aus den zweiten fahrdynamischen Größen und auch weiteren dritten fahrdynamischen Größen, die direkt von der Sensorik in den
Algorithmus 21 eingehen, bestimmt. Dazu gehören beispielsweise die Wankrate COx und andere Beschleunigungswerte.
Figur 4 erläutert in einem weiteren Flussdiagramm den Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens. In Verfahrensschritt 400 werden durch die Sensorik 20 die Gierrate C0z , der
Schwimmwinkel ß , die Fahrzeugquerbeschleunigung ay , die Schwerpunktsgeschwindigkeit vCM und die Zeiten tesüm und testm2 bestimmt bzw. aus dem Speicher 11 geladen. Daraus erfolgt dann die Vorausschätzung des Schwimmwinkels ß und der Fahrzeugquergeschwindigkeit v in Verfahrensschritt 401. In Verfahrensschritt 402 erfolgt in Abhängigkeit des Schwimmwinkels ß , der
Fahrzeugquergeschwindigkeit vy , der Vertikalbeschleunigung az und der Fahrzeugslängsbeschleunigung ax sowie der Wankrate 0Ox die Bestimmung, ob die
Personenschutzmittel angesteuert werden. In Verfahrensschritt 403 erfolgt dann die Ansteuerung.