Klettband, Magnete und Saugnäpfe Strafen für bestimmte Halterungen? Was an den neuen Regeln für Autokennzeichen dran ist – und was nicht

Künftig muss man es Kennzeichen-Dieben möglichst schwermachen. Magnet-, Klett und Saugnapf-Halterungen sollen daher nicht länger erlaubt sein.
© Jens Rother / Getty Images
Bislang wurde es weitgehend dem KFZ-Halter überlassen, wie ein Kennzeichen am Auto befestigt wurde. Angeblich soll sich das ändern – und bestimmte, durchaus beliebte, Befestigungslösungen gänzlich untersagt werden. Bei Zuwiderhandlung drohe demnach sogar ein Bußgeld. Stimmt das?

Ein Video der Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) macht Autofahrer in ganz Deutschland nervös. Darin erklären zwei Mitarbeiterinnen anscheinend neue Regeln für die Anbringung von Kennzeichen an Autos. Die neue Regelung wurde in der Verkehrsblattverlautbarung Nr.3-2023 vom 15. Februar 2023 veröffentlicht.

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Kein Klett-, Magnet oder Saugnapf mehr fürs Kennzeichen?

Laut GTÜ besagt sie,  dass man Kennzeichen künftig nicht mehr ohne weiteres mit Magneten, Saugnäpfen oder Klettverschluss am Auto festmachen dürfe. Der Grund: Bei diesen Methoden sei es zu einfach, das Kennzeichen zu verlieren. Künftig, so erklärt es die Prüferin, müsse ein Kennzeichen so fest am Auto angebracht werden, dass es in keinem Fall bei Kopfsteinpflaster, Schlaglöchern oder Waschanlagen verloren gehen kann. 

Konkret bedeutet das: Zulässig ist eine Befestigung nur dann, wenn das Kennzeichen nur mit "hohem mechanischem Kraftaufwand" oder mit "zusätzlichem Werkzeug" entfernt werden kann. Ausnahmen gäbe es künftig nur, wenn man eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) für eine alternative Halterung vorweisen kann.

Das Video endet und lässt damit viele Fragen offen. "Autobild" schreibt, dass bei Missachtung der neuen Regeln sogar Strafen drohen. So koste es, wenn das "hintere amtliche Kennzeichen nicht den Vorschriften entspricht", "die Kennzeichen sich in einem ordnungswidrigen Zustand befinden" oder sich "die Kennzeichenbeleuchtung in einem ordnungswidrigen Zustand befindet" jeweils zehn Euro Strafe.

Der "Tuningblog" führt die drohenden Bußgelder weiter aus. Dort heißt es, dass die Strafe sogar bis zu 60 Euro betragen könne, wenn der Verstoß als Ordnungswidrigkeit gewertet würde. Es bestehe überdies die Möglichkeit, dass bei einer Prüfung die Weiterfahrt untersagt werde, bis die Kennzeichen "fest" seien.

Große Unsicherheiten – und unklare Formulierungen

Allerdings ist der "Tuningblog" sich gar nicht sicher, ob es überhaupt Änderungen bei den Regeln gab und schreibt: "Aktuell sind wir der Meinung, dass die Vorschrift zu unbestimmt ist! Und das könnte wohl auch in Zukunft so bleiben, denn nach einer ersten Durchsicht (Seite 31 des neuen PDFs zeigt den Entwurf § 12 Abs. 6 FZV, der künftig vorschreibt, wie die Befestigung auszusehen hat, Begründung auf S. 301) scheint darin nur geregelt, wie der Winkel und die Größe der Kennzeichen bezogen auf bestimmte Fahrzeugklassen auszusehen haben. Zur Art der Befestigung im Hinblick auf Schrauben, Magnete oder Klett haben wir nichts finden können!"

Neben einer generellen Unklarheit, ob sich nun wirklich etwas ändern, bleibt die GTÜ in den kurzen Video Antworten über offene Fragen schuldig. Ab wann gelten die neuen Regeln? Was ist mit Kennzeichenhaltern, wie sie ein Großteil der deutschen Autofahrer nutzen? Denn genau genommen sind die Schilder auch aus diesen Halterungen sehr leicht zu entfernen und es ist weder Kraft noch Werkzeug nötig.

Das sagt das Verkehrsblatt

Sämtliche Berichte beziehen sich auf eine Änderung zu Paragraph 10 Absatz 5 Fahrzeug-Zulassungsverordnung "Verwendung von Kennzeichenbefestigungen". Diese steht im genannten Verkehrsblatt. Mit einem Blick auf das Schreiben, welches der Redaktion vorliegt, ist es jedenfalls schwer, Regeländerungen nachzuvollziehen.

Dort heißt es: "In § 10 Absatz 5 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) ist die "feste Anbringung" des Kennzeichens an Vorder- und Rückseite des Fahrzeugs gefordert. In der Praxis wird die "feste Anbringung" teilweise unterschiedlich interpretiert. Eine Kennzeichenbefestigung erfüllt nach einem gemeinsamen Verständnis des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) und der für die Fahrzeugzulassung zuständigen obersten Landesbehörden die Anforderung einer festen Anbringung im Sinne der FZV, wenn für die Entfernung eines angebrachten Kennzeichens ein Werkzeug erforderlich ist. Eine unmittelbare Anbringung von Kennzeichen und deren eventueller Halterung am Fahrzeug (z. B. mittels zweier Schrauben durch das Kennzeichenschild oder durch die Halterung in die Karosserie) ist hierfür nicht zwingend erforderlich. Jedoch muss das Kennzeichen dann, samt dessen Halterung, mit der Karosserie fest verbunden und so angebracht sein, dass es nur mittels eines Werkzeugs oder nur mit erhöhtem mechanischem Aufwand (z. B. starke kraftschlüssige Verbindung) abnehmbar ist."

Das Blatt schränkt anschließend ein und sagt: "Für Kennzeichenbefestigungen, die auch ohne Werkzeug entfernt werden können, kann eine Allgemeine Betriebserlaubnis beim Kraftfahrt-Bundesamt beantragt werden. Nachstehend werden die wesentlichen Anforderungen für eine diesbezügliche Allgemeine Betriebserlaubnis für eine Kennzeichenhalterung bekannt gegeben."

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Klebe-, Klett- und Magnetbefestigungen kommen dann tatsächlich auch namentlich vor, wenn es weiter heißt: "Bei allen Befestigungsarten (auch Klebe-, Klett-, Magnet oder ähnlichen Befestigungen) des Kennzeichens ist dessen "feste Anbringung" sicherzustellen. Beim Befahren von Kopfsteinpflaster mit Schlaglöcher ("Belgisch-Block") und bei der Nutzung von Portalwaschanlagen, Waschstraßen oder Selbstbedienungs-Waschboxen darf es nicht zu einem Kennzeichenverlust kommen. Die "feste Anbringung" muss für alle Befestigungsarten auch bei Umwelteinflüssen wie Temperaturschwankungen, Feuchtigkeit, Schlag- und Stoßbelastung, UV-Bewitterung und korrosiven Medien sichergestellt werden."

Es bleiben mehr Fragen als Antworten

Eine Unzulässigkeit der Anbringungsmethoden nennt das Verkehrsblatt, auf dem alle Berichte beruhen, nicht. Wie man eine ABE erlangt, aber ebenso nicht. Von einem Verbot ist nur an einer anderen Stelle die Rede. Dort steht: "Halterungen mit sichtbaren retroreflektierenden oder spiegelnden Teilen sowie Halterungen mit sichtbaren Flächen in Tageslichtleuchtfarbe sind nicht zugelassen."

Im Gespräch mit dem stern erklärt die GTÜ: "Das Verkehrsblatt wurde am 15.02.2023 veröffentlicht – die Neuerung gilt dementsprechend seit diesem Datum. Befristet ist das Merkblatt bis zum 01.01.2024. Es geht um Kennzeichenhalter, die mit Werkzeug demontiert werden, nicht um das Kennzeichen selbst. Die „normalen“ Kennzeichenhalter werden ans Fahrzeug geschraubt und nicht mit dem Kennzeichen entfernt. Man nimmt hierbei das Kennzeichen ab, ist der Kennzeichenhalter weiterhin am Fahrzeug montiert. Wird jetzt wie zum Beispiel beim Magnet oder Klett-Halter ein Teil des Kennzeichenhalters (in dem Fall eine Seite des Klettverschlusses bzw. eine Seite des Magneten) mit dem Kennzeichen entfernt, benötigt man kein Werkzeug. Dementsprechend muss ein mechanisch hoher Aufwand für die Abnahme des Kennzeichens gegeben sein."

Die Lektüre der Quelle lässt jedenfalls viel Raum für Interpretation. Eine Anfrage beim BMDV blieb bislang unbeantwortet. Sicher ist: Es gibt noch viel zu klären – und Panik ist aktuell Fehl am Platz. Solange das Kennzeichen nicht fast von alleine vom Auto fällt, muss man nicht sofort zur Werkzeugkiste rennen. Zur Klärung weiterer Fragen hat die GTÜ inzwischen ein weiteres Video veröffentlicht.

Dort werden Fragen beantwortet, die die GTÜ in den vergangenen Tagen erreicht haben. Frank Reichert, Leiter Unternehmenskommunikation, sagt dazu: "Unsere Absicht zur Erläuterung der Regelung war lediglich die Aufklärung bzw. der Hinweis zum aktuellen Sachverhalt."

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